Wie Angehörige Anorexie und Bulimie verstehen und die Therapie unterstützen können

Häufig sind Anorexie und Bulimie Teil einer Jugendkrise. Alle Kinder durchleben pubertäre Verunsicherungen, die sie auf dem Weg zum Erwachsen-Sein begleiten. Eine solche Übergangsphase ist für die spätere Selbstständigkeit meistens notwendig. Bei manchen Jugendlichen sind diese emotionalen Stürme jedoch so heftig, dass sie sogar zu Ess- oder anderen Störungen führen.

Anorexie und Bulimie fallen durch schädliche Essgewohnheiten auf. Diese Symptome, wie auch Gewichtsveränderungen, Selbstablehnung und Schwierigkeiten mit dem Körperbild, kann man am bestem als Hilferufe und als Versuch deuten, den inneren emotionalen Tumult zu unterdrücken oder ihm aus dem Weg zu gehen.

In einer solchen Situation sind alle Beteiligten schnell am Ende ihrer Kräfte und wünschen sich nur noch, dass der Spuck so schnell wie möglich wieder verschwindet. Das tut er oft auch. Wenn jedoch das Anorexie- oder Bulimie-Karussell angefangen hat, sich richtig zu drehen, sind therapeutische Schnellschüsse und Wundererwartungen wenig hilfreich. Dann braucht es Geduld und die fachgerechte Unterstützung für Betroffene und Familienangehörige. Es geht dann nicht mehr nur um die baldige Beendigung von unerträglichen Spannungen, sondern das ganze spätere Leben steht ernsthaft auf dem Spiel.

Bei Anorexie und Bulimie braucht es in der Therapie und in der Begleitung der Betroffenen diesen Spagat: Den Jugendlichen zu verstehen oder zu stärken – UND sich von der Anorexie/Bulimie nicht an der Nase herumführen zu lassen. Das beinhaltet auch für Sie als Angehörige die Chance zu lernen, dass Sie angesichts enormer Bedrohungen ruhig und gelassen bleiben können. Also nicht davonlaufen, aber auch nicht impulsiv reagieren. Dass nennt man nach M. Ghandi den gewaltlosen Widerstand. ‘Ich werde dir, mein Kind, zur Seite stehen, weil du mein Kind bist und bleibst. Aber ich werde nicht zulassen, dass du dich selbst zerstörst. Obwohl ich dich zu nichts zwingen kann. Deshalb bleib ich beharrlich an deiner Seite und verlange nichts weiter, als dass du selbst geeignete Vorschläge zur Entschärfung des ‘Klimas’ findest.’